Rede zum Volkstrauertag 2024
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
ich darf Sie zur heutigen Gedenkfeier anlässlich des Volkstrauertages 2024 recht herzlich begrüßen und freue mich, dass Sie der Einladung seitens der Ortsgemeinde Anhausen so zahlreich gefolgt sind.
Vorab möchte ich mich aber recht herzlich beim Posaunenchor und dem Chörchen der Ev. Kirchengemeinde, sowie beim Burschenverein Anhausen für die Mitwirkung an dieser Gedenkfeier bedanken.
Beginnen möchte ich die Gedenkfeier mit einer Schweigeminute, für alle Opfer, die durch Krieg, Gewalt, Terror, Hunger, Not und Elend ums Leben gekommen sind, in der Vergangenheit und vor allem in der Gegenwart.
Schweigeminute!
Seit fast drei Jahren erleben wir wieder einen brutalen Krieg mitten in Europa, der in seinen Auswirkungen auch heute noch anhält und unseren Alltag teils massiv betrifft.
Zugleich sehen wir einen Krieg im Nahen Osten, welcher erst vor gut einem Jahr seinen Beginn fand und der uns auf erschreckende Art und Weise die Vergangenheit widerspiegelt. Eine Weltlage die uns allen Angst und Sorge bereitet.
Aber trotz allem ist dies ganz anders, als bei den Familien deren sinnlos in den beiden Weltkriegen gestorbenen Angehörigen die hier am Ehrenmal und vor der Friedhofshalle mit ihrem Namen geschrieben stehen.
Während wir uns heute um steigende Lebenshaltungskosten sorgen, stellten sich damals Mütter und Väter der bitteren Wahrheit, dass ihre Kinder nie mehr nach Hause kommen würden.
Trauer und Leid senkte sich über viele Familien, auch hier in Anhausen und im Kirchspiel. Zukunft war für viele damit sinnlos geworden. Und wir möchten und können es uns gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn genau jetzt, während wir hier stehen, unsere Söhne und vielleicht auch Töchter unter Beschuss in einem elenden Schützengraben liegen würden.
Soviel zu den Menschen, die in den Kriegsgebieten jeden Tag aufs Neue hoffen, dass ihr Kind am gleichen Abend noch lebt.
Unsere heutige Gedenkfeier soll ein Zeichen der Erinnerung setzen. Sie soll ein Symbol für den Schmerz und die Hilflosigkeit der Menschen im Angesicht von Krieg und Verlust sein.
Wie können wir mit den Lasten zweier von uns zu verantwortender Weltkriege umgehen, obwohl sie schon mehr als 80 Jahre zurückliegen und es kaum noch Augenzeugen gibt?
Wir können das Geschehene nicht rückgängig machen.
Der einzige Weg, der uns bleibt ist, dafür mit aller Kraft einzutreten, dass Krieg und Diktatur sich nicht wiederholen können. Gerade im Angesicht der aktuellen Entwicklungen ist es überlebenswichtiger denn je. Deshalb müssen auch wir an jene Menschen denken, die heldenhaft Widerstand geleistet und dafür mit ihrem Leben bezahlt haben. Und an die Menschen, die jetzt und heute mit großem Mut immer noch für Freiheit, Frieden und auch für unsere Demokratie aufstehen und viel riskieren.
Es erfüllt mich mit großem Schmerz zu wissen, dass es heute in Europa und der Welt wieder Menschen gibt, denen das Schicksal und die Auswirkungen von Krieg nicht erspart bleibt. Vor allem weil sehr deutlich wird, welche langwierigen Auswirkungen Kriege auf Mensch, Natur und Kultur haben.
Ich denke, es ist fast unvorstellbar, mit welcher Brutalität die jeweiligen Kriegstreiber Anwohner, Landschaft und Kulturgüter vernichten. In den letzten Monaten haben wir leider fast täglich solche Bilder in Nachrichten und Reportagen sehen müssen. Aber es macht meiner Ansicht noch mal einen riesigen Unterschied, vor Ort und direkt betroffen zu sein.
Sie wissen aus den Diskussionen der vergangenen Wochen und Monate, dass derzeit keine Einigkeit besteht, wie man die beiden Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten mit seinen Auswirkungen am besten begegnet. Die Meinungen in europäischer Politik und Wirtschaft und in Deutschland gehen weit auseinander, welche Hilfsmaßnahmen bei kriegerischen Auseinandersetzungen die richtigen sind. Welche Handlungen führen zum Ziel, das heißt, wie schaffen wir es, den richtigen Beitrag zu leisten, um den Krieg zu beenden? Wie soll die Unterstützung der Opfer konkret aussehen? Ich denke, diese Diskussionen werden uns auch in Zukunft weiter begleiten. Eine wirkliche und solidarische Lösung wird ganz Europa ein Stück Wohlstand abverlangen, ob uns das passt oder nicht.
Der Volkstrauertag ist auch ein Tag des Appells. Und er muss ein Tag der Hoffnung sein. Unsere Hoffnung auf Frieden dürfen wir nie verlieren. Wir vertrauen darauf, dass wir den Herausforderungen gemeinsam und friedlich begegnen werden und einen Weg zur Verständigung finden können. Die Herausforderung in der heutigen Zeit ist es, sich für das Verbindende in Europa einzusetzen und nicht für das Trennende.
Wir müssen uns mit aller Kraft in Deutschland für Demokratie und Toleranz und in unseren Auslandsbeziehungen für Versöhnung und Verständigung einsetzen.
Unsere europäischen Nachbarn haben uns vor langer Zeit die Hand zur Versöhnung gereicht. Das ist ein wertvolles Geschenk der Geschichte, das es zu bewahren gilt. Dafür ist es notwendig, dass wir das zugefügte Leid nie vergessen.
Denken wir immer daran: jeden Tag und jede Stunde als Geschenk zu betrachten. Verlieren wir in unserem geschäftigen Alltag nie aus dem Blick, wie wertvoll jede Stunde unseres Lebens ist.
Vielen Dank
Text und Bilder: Heinz-Otto Zantop, Ortsbürgermeister OG Anhausen
Auf Grund des schlechten Wetters fand die Gedenkfeier in der Ev. Kirche statt.